Was ist ein Computer? iPadOS 13 vorgestellt

Die Dateien-App meint es ernst

Files oder Dateien, wie die App auf Deutsch heißt, ist die Dateiverwaltung fürs iPad und die mobile Entsprechung zum Finder auf dem Mac. Hier werden Cloud-Dienste wie Dropbox, Google Drive oder iCloud an einem Ort angezeigt. Das ist äußerst praktisch, da man sonst ständig zwischen verschiedenen Apps hin- und herwechseln müsste, zumindest sobald man mehr als eine Cloud-Lösung nutzt. Das wird aber wohl für viele zutreffen. iCloud ist sowieso mit an Bord, sofern man ein Apple Gerät benutzt. Dropbox oder Google Drive sind die gängigsten Lösungen, um mit anderen zusammenzuarbeiten und viele Unis bieten mittlerweile auch eigene Cloud-Lösungen an. Eh man sich versieht hat man mit drei oder vier verschiedenen Clouds zu tun. Das alles an einem Ort zu haben, erleichtert den Umgang sehr.

Das Problem der letzten Jahre mit Files war aber, dass es erstens oft nur instabil lief und zweitens essentielle Features fehlten, die man von einem Dateibrowser einfach erwarten würde. Die gute Nachricht: Mit dem neuen Betriebssystem bekommt man nun fast alles, was man sich irgendwie wünschen kann. Ein Überblick.

Endlich! Externe Datenträger anschließen 

Als 2018 die ersten iPads mit USB-C Anschluss auf den Markt kamen, war die Empörung groß – zu Recht. Man konnte nun zwar externe Datenträger wie Festplatten per USB-C ans iPad anschließen, erkannt wurden diese aber nicht. Lediglich Fotos konnten direkt übertragen werden. Wieso sich Apple damals so entschied, wird wohl für immer ihr Geheimnis bleiben. Fakt ist, dass es gar nicht gut ankam.

Jetzt ist dieses Problem gelöst. Von nun an lassen sich alle denkbaren Festplatten, USB-Sticks oder auch SD-Karten ans iPad anschließen. Das richtige Kabel oder den passenden Adapter natürlich vorausgesetzt. Einmal eingesteckt, erscheint das Speichermedium in der linken Übersichtsspalte unter dem Punkt Speicherorte und kann wie jeder andere Ordner angewählt werden. Von dort lässt sich dann wie gewohnt Drag & Drop nutzen. Auch direktes Arbeiten an den Dateien ist möglich, ohne sie vorher in einem Ordner auf dem iPad abzuspeichern.

Lokaler Speicher ist nun zugänglich

Lokaler Speicher auf dem iPad war immer eine komische Sache. Man konnte nämlich nicht wirklich direkt darauf zugreifen. Der Hintergrund hierzu ist in der Geschichte und ursprünglichen Idee des iPads zu suchen. Der Grundgedanke war immer, dass Apps zuerst kommen, nicht Dateien. Auf einem Mac oder Windows PC navigiert man sich üblicherweise durch Ordnersturkturen, um dann eine Datei anzuklicken, die ein Programm öffnet. Auf dem iPad war es stets umgekehrt: Man öffnet eine App, um aus dieser App heraus die Datei zu öffnen. Daher gab es lange Zeit ja auch überhaupt keinen File-Browser und der lokale Speicher war Apps vorbehalten, um dort sozusagen Speicher-Silos zu errichten, auf die man aber eben nicht direkt zugreift, sondern aus der jeweiligen App heraus.

Mit der Zeit war dieses Konzept aber überholt, oder deckte zumindest nicht mehr 100% der Usecases ab. Umso seltsamer wirkte es, dass man Dateien immer in einem Cloud-Speicherort speichern musste und nicht einfach lokal auf dem iPad. Zum Glück ändert sich auch das. Auf meinem iPad taucht nun ganz oben unter Speicherorte auf. Dateien können ganz normal dort hin verschoben werden, man kann Ordner anlegen und alles was man sonst noch so erwarten würde. Auf meinem iPad ist nun ein ganz normaler Bestandteil des Datei-, Speicher- und Ablagesystems und das ist hervorragend. Eigentlich nichts, was man besonders hervorheben müsste, da es selbstverständlich sein müsste, aber gut – Hauptsache wir haben es jetzt.

‚Auf meinem iPad‘ ist nun standardmäßig nutzbar

Einfache Zusammenarbeit und Serverzugriff

Wo wir gerade bei Features sind, die schon längst hätten da sein sollen… iCloud-Ordner können nun geteilt werden. Wie, das ging vorher nicht? Tatsächlich nein. Man konnte zwar auch schon früher einzelne Dateien in iCloud für andere freigeben, nicht aber ganze Ordner. Bei Wettbewerbern wie Google oder Dropbox ist das selbstverständlich. Jetzt hat auch Apple das Feature implementiert, sodass ihr Ordner mit anderen iCloud-Nutzer*innen teilen könnt. Leider wird diese Funktionalität wohl noch nicht von Anfang an dabei sein. Während des Beta-Prozesses für iPadOS 13 hat Apple die Möglichkeit wieder rausgeschmissen und auch bei iPadOS 13.1 ist es noch nicht wieder dabei. Ich hoffe sehr, dass dieses Feature schnell wieder Einzug hält.

Weniger auf der Hand liegt, dass nun auch der Zugriff auf SMB-Server integriert wurde. Das begegnet einem ab und zu im Firmenumfeld und ist ein Windows-Netzprotokoll, u.a. zum Austausch von Dateien. In meinem Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter nutzen wir beispielsweise einen SMB-Server, da wir mehrere Projektstandorte haben. Der Server dient uns als Austauschort für bestimmte Dateien. In einem solchen Umfeld können wir nicht einfach klassische Clouds nutzen, da universitäre Forschung unter strikte Datenschutzrichtlinien fällt, weswegen wir auf eine Lösung wie einen Server zurückgreifen müssen, der überprüfbar innerhalb der Uni-Mauern steht. Bislang war es mir nicht möglich, auf diesen Server von einem iPad aus zuzugreifen. Zumindest nicht aus der Files-App. Jetzt geht das und das ist klasse, wenngleich es sicherlich eines der weniger genutzten Features sein wird.

Die Funktionen, ein Dokument zu scannen und sich mit einem Server zu verbinden, sind ein wenig versteckt

Schnellere Workflows und neue Tools

Neben diesen doch ziemlich tiefgreifenden Änderungen sind noch einige spannende kleinere Neuerungen hinzugekommen, die jedoch je nach Anwendungsfall das Arbeiten deutlich erleichtern können. Die Spaltenansicht ist eine davon. Bisher war nämlich nur die Icon- und die Listenansicht möglich. Jetzt kommen Spalten dazu, was gerade bei tiefen Ordnerstrukturen ein schnelleres Navigieren und größere Übersicht ermöglicht.

Jetzt auch auf dem iPad: Column View

In eine ähnliche Rubrik fällt, dass dank der Änderungen im Multitasking-System (siehe Kapitel 1) nun zwei Fenster der Dateien App in Split View nebeneinander angezeigt werden können, sodass man einfach Dateien per Drag & Drop hin- und herschieben kann und sich nicht mehr umständlich durch Ordnerketten klicken muss.

Praktische neue Tools sind die sog. Quick Actions bzw. Schnellaktionen, die Möglichkeit direkt in Dateien Dokumente zu scannen und die integrierte Möglichkeit, Zip-Archive zu packen und wieder zu entpacken. Schnellaktionen werden in der Spaltenansicht unter dem Vorschaubild der jeweiligen Datei angezeigt und stellen Aktionen dar, die man mit nur einem Klick auf die Datei anwenden kann. Bei einem Bild ist das z.B. Anmerkungen zu machen, das Bild zu drehen oder es in ein PDF zu konvertieren.

Quick Actions

Die Scan-Funktion ist ein klein wenig versteckt, funktioniert aber wirklich einfach. Ganz oben in der linken Leiste mit allen Speicherorten findet man drei kleine Punkte. Klickt man dort drauf, hat man drei Optionen: die angezeigten Speicherorte bearbeiten, eine Verbindung zu einem Server herstellen oder eben ein Dokument oder Foto scannen. Sicherlich könnte das etwas prominenter platziert sein (siehe oben), aber gut. Immerhin ist die Funktion da. So spart man sich unter Umständen wieder eine App.

Zuletzt noch ein Wort zu Zip-Archiven, also komprimierten Dateipaketen. Ein ZIP-Archiv lässt sich einfach per Klick darauf oder über das Kontextmenü entpacken. Will man den umgekehrten Weg gehen und mehrere Dateien zu einem ZIP-Archiv zusammenschnüren, muss man diese auswählen und dann rechts unten auf Mehr klicken. Dort verbirgt sich dann der Menüpunkt Komprimieren, der sofort ein ZIP-Archiv erstellt, welches dann beispielsweise per Mail versendet werden kann.

Endlich ordentlich mit Dateien arbeiten

Die Dateien App macht mit iPadOS 13 einen riesigen Schritt nach vorn. Das ist auch dringend notwendig, wenn das iPad als ernsthafte Arbeitsmaschine wahrgenommen werden möchte. Apple hat hier bisher viel Potential verschenkt und jetzt unheimlich viel adressiert. Offensichtlich fehlende Features wie die Unterstützung für externe Datenträger wurden hinzugefügt und mit einer Reihe an kleineren Funktionen ergänzt, die in ihrer Summe aber das Arbeiten deutlich erleichtern und beschleunigen sollten. Dafür gibt es einen dicken Daumen nach oben!

6 Kommentare

  1. Hallo,

    der Artikel ist echt umfassend geworden – zeigt sich dabei aber durchgehend nachvollziehbar und gut zu lesen. Vielen Dank dafür :).

    Einen wichtigen Punkt vermisse ich jedoch – wie hat sich die Funktionalität als Präsentiergerät durch IOS 13 verändert: nutzen Sie das Ipad für Präsentationen von wissenschaftlichen Arbeiten, wie ist die Kompabilität mit Beamern und zum Beispiel dem Logitech Magicpresenter? Oder fallen diese Funktionen eher in den Bereich der letzten fehlenden 5% als Computerersatz?

    Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

    1. Hallo Kadric, vielen Dank für den netten Kommentar und die Nachfrage. Das ist in der Tat ein guter Punkt, den ich aber schlicht ausgelassen habe, weil ich das iPad (noch) nicht dafür nutze. Ich habe noch ein 2017er iPad Pro mit Lightning-Anschluss und wollte bisher ungern das Geld für einen entsprechenden Adapter ausgeben, wenn er bald wieder obsolet ist. Sobald ich aber ein iPad mit USB-C Anschluss habe, werde ich das garantiert tun und dann auch zu diesem Thema schreiben. An sich sollte das iPad sehr gut geeignet sein, GoodNotes hat z.B. kürzlich einen Presenter Mode eingebaut mit dem sich Dinge auf Slides zeigen lassen, ähnlich wie mit einem Laserpointer. Von daher – ja, noch fällt es unter die 5%, aber nicht weil es nicht geht, sondern einfach weil es bei mir noch nicht geht. Ich bleibe aber dran und schreibe zu gegebener Zeit darüber.

  2. Hallo,
    mit großem Interesse habe ich den Artikel gelesen.
    Ich bin nur endlich auch Besitzer eines iPad (Pro) und kann die tollen neuen Funktionen wie Slide View nutzen.
    Ich habe folgendes Szenario. Man hat zb Safari und Notizen im Dock. Ich öffne Safari, ziehe das Dock hoch, halte kurz das Notiz Symbol fest und schiebe es in die Slide View. So weit so gut und das klappt auch perfekt..
    Was mache ich aber, wenn das App welches ich in Slide View nutzen möchte NICHT im Dock ist? Nehmen wir an ich möchte nun die Dateien App als Slide View nutzen mit Safari. Dateien befindet sich aber auf dem Home Screen. Also hilft mir hier das Dock nicht weiter. Und wenn ich Safari mit einem Wisch nach oben „schließ“ kann ich die App Dateien vom Home Screen ja nicht in die Slide View ziehen. Ich behelfe mir im Moment damit, dass ich ich erst das App welches nicht im Dock ist öffne, dann Safari in den Split View Modus mit Dateien bringe und dann wieder die Dateien App „anpacke“ und in die Slide View Ansicht schiebe. Nicht schön aber funktioniert. Jetzt könnte man sage, dann schieb dir doch Dateien auch ins Dock, aber das Dock hat ja auch eine Begrenzung und ich kann ja nicht alle Apps in das Dock ziehen.

    Gibt es hier noch eine andere Möglichkeit oder gibt es da Erfahrungswerte?
    Vielen Dank

    1. Hallo, vielen Dank für die Frage, die beschäftigt tatsächlich viele. Ich finde auch, dass Apple das nicht gut gelöst hat, zumindest wenn man das iPad ohne Tastatur nutzt. Zum Glück gibt es trotzdem ein paar Lösungen und ich hoffe eine davon passt für Sie. 1) Am einfachsten ist es, wenn man eine Tastatur nutzt. Ein Klick auf cmd+Leertaste öffnet Spotlight und man kann die entsprechende App suchen und dann in Splitview ziehen. 2) Die von Ihnen genannte Lösung. Nicht schön, funktioniert aber. 3) Sie können auch ganze Ordner im Dock ablegen und dort dann so viele Apps reinpacken wie sie möchten. Ich habe z.B. einen Ordner im Dock mit all den Apps, die ich ziemlich häufig nutze. Die ständig genutzten sind normal im Dock, die „2. Reihe“ in diesem Ordner. So blockiere ich nur einen Slot im Dock, habe aber dennoch Zugriff. Und nur Apps, die ich für gewöhnlich eh nicht in Splitview oder Slideover nutze (z.B. Medien-Apps) oder selten genutzte Apps sind auf dem Homescreen. Die Mischung aus 1 und 3 funktioniert ziemlich gut für mich, wobei ich auch sagen muss, dass ich fast immer eine Tastatur nutze. Es wäre wirklich hilfreich, wenn man Spotlight auch ohne Tastatur einfacher nutzen könnte. Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig helfen!

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