OCR für unterwegs? FineScanner im Porträt

Unterwegs Texte scannen und anschließend bearbeiten? Dank diverser Apps mit OCR kein Problem. Anders sieht das mit Scans aus, die aus anderen Quellen kommen. FineScanner löst das Problem.

Scannen allein bringt nix

Wir sind es mittlerweile gewohnt, Texte als PDF vorzufinden. Neu erscheinende Bücher kommen in der Regel auch als eBook und so ist digitales Arbeiten kein Problem. Je nach Fachrichtung hat man aber nach wie vor mit gedruckten Büchern zu tun. Lösungen wie der Scanmarker Air sind nur für kürzere Abschnitte nützlich, bei längeren Texten muss also der Scanner ran.

Aber auch hier tun sich neue Stolpersteine auf: Scanner-Apps fürs Handy oder Tablet sind zahlreich und durchaus praktisch, da sie OCR, also die Umwandlung von gescanntem Text in durchsuchbaren Text, schon mitbringen. Längere Passagen sind so aber nur umständlich zu scannen.

Zum Glück haben Bibliotheken in der Regel Buchscanner mit denen sich der Aufwand deutlich reduziert. Selbst ganze Bücher können so in einem überschaubaren Zeitraum gescannt werden. Allerdings: OCR gibt’s hier nicht immer. Stattdessen erhält man zwar einen Scan, kann damit aber relativ wenig anfangen. Sicherlich keine Situation, die tagtäglich eintritt, gerade aber wer unterwegs nur mit dem iPad arbeitet, kann hier in die Bredouille kommen – mir selbst ist es schon mehrfach passiert. Welche Lösung gibt es?

Die Optionen sind rar

So viele Scan-Apps wie auf dem Markt sind, sollte man eigentlich meinen, dass auch die nachträgliche Anwendung von OCR kein Problem sein sollte, oder? Weit gefehlt! Ich weiß wirklich nicht warum, aber fast alle Apps lassen ihre OCR-Engine nur über einen Text laufen, wenn man ihn frisch scannt. Ein nachträglicher Import eines bestehenden Scans, um dann OCR zu nutzen, ist fast überall unmöglich. Warum auch immer..

Eine der wenigen Ausnahmen ist die App FineScanner1 von ABBYY, auch wenn sie ihre Funktionalität gut versteckt. Auf den ersten Blick sieht sie nämlich aus wie jede andere Scan-App auch. Es ist zwar möglich, Bilder aus der Camera Roll zu importieren, um dort Text erkennen zu lassen; eine Möglichkeit Dokumente zu importieren, sucht man aber vergebens (Warum ABBYY, warum?).

Zumindest auf dem iPad kommt aber Drag & Drop zu Hilfe! Auf dem iPad lassen sich bekanntlich zwei Apps parallel öffnen (entweder in Splitview oder mit Slide-Over). Man kann nun also FineScanner und die Dateien-App öffnen und das zu erkennende Dokument von Dateien nach FineScanner ziehen und in der _Meine Dokumente_Seitenleiste ablegen. Ist das Dokument erstmal auf diese Weise importiert, lässt sich auch ganz normal OCR anwenden. Wieso ein Import nicht einfach wie bei einem Bild möglich ist, wird wohl ABBYYs Geheimnis bleiben.

Das Interface von FineScanner, links die Leiste in die Dokumente gezogen werden können.
Das Interface von FineScanner, links die Leiste in die Dokumente gezogen werden können.

Für den eigentlichen OCR-Vorgang hat man zwei Möglichkeiten. Zum einen kann man den Vorgang direkt auf dem eigenen Gerät, also auch ohne Internetverbindung anwenden. Dann ist aber nur eine Umwandlung in einfachen Text möglich. Formatierungen werden nicht beibehalten. Wenn man einfach nur copy-pasten möchte, ist das eine super Möglichkeit, die wirklich extrem schnell und mit guten Ergebnissen funktioniert.

Die zweite Möglichkeit ist, den Scan an die ABBYY-Server zu übertragen und die Erkennung dort durchführen zu lassen. Das hat den Vorteil, dass Formatierungen erhalten bleiben. Problematisch ist aber natürlich, dass man erstens eine Internetverbindung benötigt und zweitens seine Daten ABBYY anvertrauen muss. Bei einem Fachtext dürfte das kein allzu großes Problem sein. Wenn es aber um persönliche, firmeninterne oder sonstige sensible Dokumente gehen sollte, sieht die Situation schon anders aus. Dessen sollte man sich bewusst sein und entsprechend handeln.

Eine umständliche Lösung, aber immerhin

Die FineScanner App ist eine der ganz wenigen, die nachträgliches OCR erlaubt – wenngleich unnötig umständlich. Die Qualität ist dafür hervorragend und alles andere an der App ist auch intuitiv aufgebaut. Da es wahnsinnig viele Scan-Apps gibt, muss man sich für irgendeine entscheiden. Meine Wahl fällt von nun an auf die Lösung von ABBYY. Das Kerngeschäft – scannen – funktioniert genauso gut, wie bei vielen anderen. Die wirklich gute automatische Blatterkennung ist ein weiteres Plus, das ich bei anderen Apps auch schon deutlich schlechter gesehen habe. Damit ist die Mindestanforderung für mich zufriedenstellend erfüllt.

Die Möglichkeit, nachträglich OCR anzuwenden deckt dann eine Nischensituation ab, die nicht oft eintritt, mich aber dennoch schon manches Mal genervt hat. So habe ich eine gute Lösung für unterwegs. Den Zwang zum Upload, um die Formatierungen beizubehalten, sollte man allerdings auf dem Schirm haben. Ich nehme das zähneknirschend zur Kenntnis und richte meinen Umgang entsprechend aus – für sensibles Material muss ich eben weiterhin eine andere Lösung finden.


Mein Test bezieht sich auf die iOS-Version. Es gibt die App aber auch für Android.


  1. Die App kann kostenlos aus dem Appstore geladen werden. Nach einem einmonatigen Gratistest kostet die App 9,99€ im Jahr. 

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